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Scherzer & Co. AG: Offener Brief an Vorstand und den Aufsichtsratsvorsitzenden der Lotto24 AG

Die Scherzer & Co. AG ist langjährige Aktionärin der Lotto24 AG. Sie hat am 17. Oktober nachfolgendes Schreiben an die beiden Vorstände und den Aufsichtsratsvorsitzenden der Gesellschaft per E-Mail versandt.

An
Vorstand und Aufsichtsrat der Lotto24 AG
Straßenbahnring 11

20251 Hamburg

Köln, 17. Oktober 2019

Zusammenarbeit der Lotto24 AG und der ZEAL Network SE auf Basis eines Co-Operation & Brokerage Agreements

Sehr geehrte Frau von Strombeck, sehr geehrter Herr Mattsson,

am 15.10.2019 meldete unsere Muttergesellschaft ZEAL Network SE, dass sie die bisherige Zweitlotterie Tipp24 zurück in das deutsche Vermittlungsgeschäft überführt habe. Die AGB von Tipp24.com weisen die Lotto24 AG als Betreiberin der Vermittlungsplattform aus, mit anderen Worten, seit dem 15.10.2019 werden Spielaufträge, die über die Plattform Tipp24.com abgegeben werden, über Lotto24 an die Landeslotteriegesellschaften weiter vermittelt.

Wir fragen uns, auf welcher vertraglichen Basis die Lotto24 AG diese Vermittlungsleistungen für ZEAL Network übernimmt. Gibt es inzwischen das sogenannte Co-Operation & Brokerage Agreement zwischen beiden Gesellschaften, das nach dem Abschluss der Übernahme von Lotto24 durch ZEAL Network ausgehandelt werden sollte? Wenn ja, warum wurde der Abschluss des Vertrages und seine wesentlichen, insbesondere wirtschaftlichen, Inhalte nicht von ZEAL Network und Lotto24 adhoc gemeldet?

Wie Sie wissen, schätzen wir die wirtschaftliche Bedeutung des Co-Operation & Brokerage Agreement für die Lotto24 AG als sehr hoch ein. Eine kurze Hochrechnung mag dies verdeutlichen: Laut Prospekt zur diesjährigen Kapitalerhöhung von ZEAL Network haben die Kunden von ZEAL Network alleine in den ersten neun Monaten 2018 in den Lotterien, die seit dem 15.10.2019 von Lotto24 für ZEAL Network vermittelt werden, Spieleinsätze von rund 130 Mio. Euro getätigt. Bei einer Vermittlungsprovision von rund 11,5% von diesen Spieleinsätzen und hochgerechnet auf ein Kalenderjahr, wäre also auf dieser Basis zwischen beiden Gesellschaften in Zukunft ein Umsatzvolumen von jährlich rund 20 Mio. Euro über eine vertragliche Vereinbarung zu verteilen. Lotto24 hat in den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres gerade einmal Umsatzerlöse von rund 17 Mio. Euro erzielt. Dies zeigt, welche immense Bedeutung ein fairer Anteil für Lotto24 an den zukünftigen Vermittlungsprovisionen für Spieleinsätze von ZEAL Network Kunden hat.

Wir hatten Sie daher in den vergangenen Monaten mehrfach aufgefordert, das Co-Operation & Brokerage Agreement nur dann mit unserem beherrschenden Großaktionär ZEAL Network, der mehr als 93% der Aktien von Lotto24 hält, abzuschließen, wenn vorher ein Beherrschungsvertrag zwischen beiden Gesellschaften abgeschlossen wird. Wir hatten erhebliche Zweifel daran geäußert, dass ein Co-Operation & Brokerage Agreement, das von Vorständen verhandelt wird, die teilweise Doppelfunktionen innehaben (Herr Mattsson als Finanzvorstand beider Gesellschaften) und der von einem Lotto24-Aufsichtsrat genehmigt wird, der mit Vertretern des Großaktionärs besetzt ist, einem Drittvergleich standhalten wird. Nachdem die Aktionäre beider Gesellschaften bis heute nicht über den Abschluss eines Vertrages informiert wurden, obschon es einen solchen geben muss, scheinen unsere Bedenken mehr als berechtigt gewesen zu sein.

Es ergeben sich daher für uns folgende Fragen an den Vorstand von Lotto24, deren Beantwortung wir im Sinne aller Streubesitzaktionäre im Rahmen einer Corporate News erbitten:

– Wann wurde ein Co-Operation & Brokerage Agreement oder eine vergleichbare vertragliche Regelung zwischen der Lotto24 AG und der ZEAL Network SE geschlossen?

– Welches sind die wesentlichen wirtschaftlichen Inhalte dieser Vereinbarung?

– Warum erfolgte keine adhoc-Mitteilung anlässlich des Abschlusses der Vereinbarung (diese Frage können Sie, Herr Mattsson auch gerne sowohl für Lotto24 als auch für ZEAL Network beantworten)?

– Wie wurde angesichts der massiven Interessenkonflikte im Vorstand und Aufsichtsrat von Lotto24 sichergestellt, dass die Vereinbarung einem Drittvergleich standhält?

Sehr geehrter Herr Steiner,

in der letzten ordentlichen Hauptversammlung von Lotto24 wurde Professor Berchtold als Ihr Vorgänger als Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft durch einen Handstreich unseres Großaktionärs abgewählt und Sie an seiner Stelle installiert. Wie Sie wissen, haben wir diese Beschlüsse angefochten und die Gerichte werden klären, ob Sie Ihre derzeitige Funktion bei Lotto24 zu Recht innehaben, woran wir die allergrößten Zweifel haben.

Professor Berchtold hatte zuvor öffentlich per Corporate News durch Lotto24 angekündigt, dass er Lotto24 als Mitglied und Vorsitzender des Aufsichtsrats bis nach der Durchführung des freiwilligen Übernahmeangebots der ZEAL Network und dem Abschluss der Verhandlungen wesentlicher Verträge mit ZEAL Network zur Verfügung stehen werde. Nach Aussage Berchtolds wollte er damit einerseits den Geboten guter Corporate Governance folgen sowie andererseits den Schutz der verbleibenden Lotto24-Aktionäre und eine Gleichbehandlung aller Aktionäre als unabhängiger Aufsichtsrat sicherstellen.

Da wir erhebliche Zweifel hegen, dass Sie, Herr Steiner, in ihrer Doppelfunktion als Organ von Lotto24 und der beherrschenden Muttergesellschaft ZEAL Network frei von Interessenkonflikten handeln können, haben wir Sie in der ordentlichen Hauptversammlung von Lotto24 aufgefordert, eine inhaltsgleiche Erklärung, wie die von Professor Berchtold, öffentlich abzugeben. Sie lehnten das ab!

Nichtsdestotrotz gehen wir selbstverständlich davon aus, dass Sie Ihre Funktion als Aufsichtsrat von Lotto24 nach Recht und Gesetz ausüben und daher den Abschluss von Verträgen zum Nachteil von Lotto24 und damit zum Nachteil der Minderheitsaktionäre nicht genehmigen würden. An Sie ergeben sich daher folgende Fragen:

– Wann wurde Ihnen der Entwurf eines Co-Operation & Brokerage Agreement oder einer vergleichbaren vertraglichen Regelung zwischen der Lotto24 AG und der ZEAL Network SE vorgelegt?

– Welche Prüfungshandlungen hat der bis vor kurzem ausschließlich aus ZEAL Network nahestehenden Personen bestehende Aufsichtsrat von Lotto24 vorgenommen, um sicher zu stellen, dass der Vertrag einem Drittvergleich standhält und nicht zum Vorteil von ZEAL Network ausgestaltet wurde?

– Hat der Aufsichtsrat bei der Prüfung der Vereinbarung extern begutachten und bestätigen lassen, dass durch den Vertrag die Interessen der Minderheitsaktionäre von Lotto24 nicht beeinträchtigt werden?

– Hat der Aufsichtsrat den Vorstand im Hinblick auf eine eventuelle adhoc-Pflicht, die sich aus dem Abschluss eines Co-Operation & Brokerage Agreement ergab, beraten?

Unabhängig von der Beantwortung unserer Fragen halten wir es angesichts der engen Verflechtung der Geschäfte von Lotto24 und ZEAL Network und der massiven Interessenkonflikte der Organe beider Gesellschaften für geboten, dass ein Beherrschungsvertrag zwischen beiden Gesellschaften abgeschlossen wird. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Rechte von uns Minderheitsaktionären wirksam geschützt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Hans Peter Neuroth

Vorstand
Scherzer & Co. AG